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Geiz ist geil

Ralf Oberpaul
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„Geiz ist geil“ und „dann geh doch zu Netto“ sind immer noch attraktive Slogans. Das Konsumverhalten von uns „Normalbürgern“ richtet sich durchaus nach den angebotenen Rabatten, die auf den verschiedenen Märkten zu erzielen sind. Für die Hersteller und Verkäufer der begehrten Waren wird es allerdings immer mehr zum Kampfsport. Absatz- und Umsatzzahlen werden mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln durch – und umgesetzt.

 

Unsere freie Marktwirtschaft, die dazu dienen sollte einen fairen Wettbewerb mit realistischen Preisen zu gewährleisten hat demzufolge auch unschöne Auswirkungen. Die deutschen Landwirte können ein Lied davon singen. Milch war und ist meist billiger als Wasser. Ein Liter Milch für unter 30 €Cent bedeutet für den Landwirt einen Tagesertrag pro Kuh von ca. 7 €. Futter, Wasser, Tierarztkosten und Unterbringung noch nicht einkalkuliert. Ganz zu schweigen von der investierten Zeit, bis die Kuh erstmalig produktiv wird. Ein Hähnchen für 1,66 € pro Pfund, also ein halber Hahn, kann ebenfalls keinen Landwirt satt machen. Freuen können sich hier allenfalls diejenigen, die ebendiese Hühner im Kükenzustand an ihre fleischfressenden Haustiere verfüttern.

 

Als finale Maßnahme kommt dann im Handel „20% auf Alles!“ zum Einsatz. „Außer Tiernahrung“ versteht sich, da ist man schließlich als Tierfreund nicht ganz so sparsam (außer man verfüttert billige Hühner). Und final ist diese Maßnahme tatsächlich, wie sich an einem ehemals großen Baumarkt bewiesen hat.

 

Die Folgen für uns Endkonsumenten, was Qualität und Gesundheitsrisiken angeht, werden dabei noch kaum diskutiert.

 

Für Hardware besteht ein ebensolches Verfallsdatum wie für Lebensmittel. Die gängigen Strategien bei technischen Produkten sind geplante und funktionelle Obsoleszenz. Geplant bedeutet, dass die Geräte, ähnlich einer Sollbruchstelle, nach bestimmter Zeit oder einer bestimmten Anzahl von Einsätzen schlichtweg kaputt gehen. Reparaturfreundlichkeit ist hier nicht gefragt. Und funktionelle Obsoleszenz kennt jeder von uns, der bei einer neuen Gerätschaft (unnötigerweise) neue Netzteile, Kabel, Treiber, Adapter oder Schnittstellen dazu erwerben muss.

 

Wenn es früher hieß „an apple a day keeps the doctor away“ dann müssen es mangels Nährwert heute schon 160 der modernen Turboäpfel sein. Herbi-, Fungi-, Insekti- und Pestizide noch gar nicht berücksichtigt. In der Fleischproduktion sieht es nicht besser aus. Hier heißen die Heilsbringer Hormone und Antibiotika (80% der weltweit produzierten Antibiotika werden in der Landwirtschaft eingesetzt – die MRSA-Keime lassen grüßen).

 

Geiz, so zeigt sich immer mehr, ist für uns doch nicht so geil. Er geht an unseren Geldbeutel und an unsere Gesundheit. Und hat für die Produzenten und den Handel kaum übersehbare Folgen. Immer wieder neue Rabatte und Preisnachlässe zu gewähren bedeutet immer wieder neue Präzedenzfälle zu schaffen. Besser ist es schon, wie bei einem Bekleidungshersteller mit Hundepfote praktiziert, eine begrenzte Anzahl an Gutscheinen anzubieten. Oder man macht es wie Burberry, die exklusive britische Modemarke. Da wurden nicht verkaufte Waren im Wert von 28 Millionen Pfund schlichtweg vernichtet – um keine Rabatte geben zu müssen – und die Preise hoch halten zu können – und keinen Markentourismus zu fördern (weitere Info hier).

 

Kurzfristige Erfolge oder besser langfristige Wirkung? Für jede Entscheidung sollte man sich der Verantwortung und der Konsequenzen bewusst sein!

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